Ein Lob dem Alter

               von Anni Kloß*)

Das Leben ruht nicht unverzagt
Allein in des Todes Wirksamkeit.
Hoffnung und Liebe prophezeit,
Des Todes Kraft – vorerst – versagt.

Wir schwanken wie Matrosen,
Spazieren nackt, ohne Hosen
Fröhlich, frech – ohne Alkohol.
Am Wasser, mit Sonne, fühlen wir uns wohl.

Wir spielen auf den Saiten der Erde.

Es wird der Tod zum Lebensbringer.
Das ersehn ich sehr – für dich.
Wie du‘s genauso tust für mich.
Gemeinsam sind wir die Bezwinger.

So leben wir – Brust an Brust.
Das tun wir fürderhin mit voller Lust.
Schmerz im Alter? Kaum Verlust.
Mit Sex verjagen wir den Frust.

Wir spielen auf den Saiten der Erde.

Ihr Menschen, Alter ist nicht tödlich.
Wer will den Spaß uns verderben?
Wir sind aktiv im Nichtsterben.
Eine Trennung ist unmöglich.

Mit Lebensanfang beginnt das Sterben;
Wir sterben – quasi – im Nichtsterben.
Also werden wir uns umschlingen;
Sterbend einen Sieg erringen.

Wir spielen auf den Saiten der Erde.

Was kann uns das Leben sein?
Lachend, weinend, Schmerz und Pein.
Wie Fischlein aus den Fluten springen;
Manchmal mit dem Tode ringen.

Wir begreifen in Zeitlupe – dann und wann.
Erinnerungen verblassen, werden stumm.
Wir bemühen uns, wie der Einzelne es kann.
Das Leben von Alten ist niemals dumm.

Wir spielen auf den Saiten der Erde.

Körper schrumpelt, Haut wird zu groß.
Wir stolpern schon beim kleinsten Stoß.
Trüb die Augen, krumm der Rücken.
Wir genießen das Leben, verbannen die Tücken.

Tau am Morgen, Schönheit von Pferden.
Wir lachen über unsere Beschwerden.
Genießen jeden einzelnen Tag,
Denken kaum an Tod oder Sarg.

Wir spielen auf den Saiten der Erde.

Wir schwanken wie Matrosen,
Spazieren nackt, ohne Hosen
Fröhlich, frech, ohne Alkohol.
Am Wasser, mit Sonne, fühlen wir uns wohl.

Tut es Not, von dir zu scheiden;
Komm, du Unvermeidlicher, gleich zu beiden.
Komm schnell uns zu entfärben,
Wir sterben zusammen wie im Nichtsterben.

Wir spielten auf den Saiten der Erde.

*) Anni Kloß erhielt ein bisschen Hilfe von: Johannes vom Kreuz und Teresa von Avila. ‚An die ewige Schönheit‘, in Sämtliche Gedichte (Schätze der christlichen Literatur) (German Edition) (S.41). Books on Demand. Kindle-Version.

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