Tag-Archiv | Philosophie

Die Bibel, eine Historie der Menschheit.

Die Menschen haben anfangs durch mündliche, später auch schriftliche Überlieferungen die Bibel konzipiert und damals an vieles Menschliche gedacht, das es noch heute schwer hat, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, ganz abgesehen von der Kirche, die mit ihrem Entstehen jegliche freie Interpretation der Bibel unterdrückt hat. Nachfolgend ein Beispiel in der Form eines Gedichtes von Rainer Maria Rilke:

Pietà 
So seh ich, Jesus, deine Füße wieder,
die damals eines Jünglings Füße waren,
da ich sie bang entkleidete und wusch;
wie standen sie verwirrt in meinen Haaren
und wie ein weißes Wild im Dornenbusch.
So seh ich deine niegeliebten Glieder
zum erstenmal in dieser Liebesnacht.
Wir legten uns noch nie zusammen nieder,
und nun wird nur bewundert und gewacht.
Doch, siehe, deine Hände sind zerrissen –:
Geliebter, nicht von mir, von meinen Bissen.
Dein Herz steht offen und man kann hinein:
das hätte dürfen nur mein Eingang sein.
Nun bist du müde, und dein müder Mund
hat keine Lust zu meinem wehen Munde –.
O Jesus, Jesus, wann war unsre Stunde?
Wie gehn wir beide wunderlich zugrund.

Rilke, Rainer Maria. Rilke: GESAMMELTE WERKE . Unknown. Kindle-Version.

Fortsetzung Videolesung Buch 10 2. Band zu ‚Tote brauchen keinen Himmel‘

Videos zur Lesung ‚Tote brauchen keinen Himmel‘

Feb19

H. F. Moritz und Max Balladu

lesen aus dem 2. Band des Romans von Max Balladu:

‚Tote brauchen keinen Himmel‘

Diese Videos finden Sie über den Link: https://www.youtube.com/watch?v=r_v5RW8OONQ

und https://www.youtube.com/watch?v=7-Jxm3DsanI

Weitere Videos über Bücher von Max Balladu finden Sie auf YouTube über den Link: https://www.youtube.com/results?search_query=max+balladu

E-Book ‚Tote brauchen keinen Himmel‘ verfügbar.

Der zweibändige Roman von Balladu ‚Tote brauchen keinen Himmel‘, ist ab sofort als E-Book verfügbar. Bis zum 4. Februar in einer Sonderaktion preiswert zu erwerben:

Band 1 für 4,99 €

Band 2 für 4,49 €

Buch 10: ‚Tote brauchen keinen Himmel‘

Hallo liebe Lesefreunde!

 Das 10. Buch von Max Balladu ist ein Roman in zwei Bänden, die in je zwei Teile aufgegliedert sind. Der Titel lautet: 

‚Tote brauchen keinen Himmel‘

Band 1

 

 

Band 2

Buchlesungen finden im Januar statt.

Beide Bände sind im Online-Buchhandel verfügbar.

Preise:

Band 1    19,99 €

Band 2   15,99 €

Zwei Wege sind‘s…

Zwei Wege sind‘s…

von Anni Kloß und Max Balladu *)
Zwei Wege sind’s. Einer führt rundherum.
In Gedanken, der andere lässt, dich starten,
Zu ahnen, welches Ziel sei zu erwarten.
Folgt ihm nicht nur blind und stumm.

Träumt! Aber dreht Euch nicht um.

Nacht und Nebel; die Bagage zog, trara,
samt ganzem Heere am Wald vorüber.
Er aber hob den Blick von der Cithara
und spielte noch und sah zu ihr hinüber.

Spiel! Aber erwarte Sie nicht.

Nicht alle Schmerzen sind heilbar,
Denn manche sich schleichen,
Während Jahre verstreichen,
Tiefer in das Herz, werden unteilbar.

Weine! Doch ohne zu weichen.

Wir werkeln, doch verzetteln uns lange,
Stolz mit Ideen um uns werfen. - Ins Licht.
Wir blicken zurück, bange.
Rauch verdeckt das Feuer in uns. - Die Pflicht.

 Werkle! Aber rühme dich nicht.

Mutter, wenn die Wälder und Hecken
Den Ort deiner Kinder verstecken,
Sie winken aus jenseitigen Weiten.
Dein Herz pocht für sie, zu allen Zeiten.

Winke. Aber weine nicht.
*) Rilke, Huch, Bachmann inspirierten.

Das Mausoleum

Zur Beerdigung kamen viele Prominente in das Haus des Betroffenen, der den Verlust der Verstorbenen betrauerte. Er hatte die Beisetzung auf seinem Privatbesitz veranlasst. Für Musik und ein zünftiges Gelage war gesorgt. Eine tief bewegende Leichenrede hielt der Freund des trauernden Künstlers. Der Hausherr, selbst ein Dichter, trug zu diesem Anlass von ihm verfasste Gedichte vor. Anschließend wurde die sterbliche Hülle der Toten in ein eigens auf dem Grundbesitz des Dichters errichtetes Mausoleum untergebracht.

Die Verstorbene war – eine Schmeißfliege – das Lieblingshaustier des trauernden Dichters.

Das Ganze war ein riesiges Gaudium.

Die seltsame Bestattung in einem Mausoleum fand   50 v. Chr. statt. Der Spaß kostete den Dichter Vergil (*70, †19 v. Chr.), Verfasser der ‚Äneis‘, 800 000 Sesterzen (der Wert entspricht 1 Euro).

Es war jene Zeit des zweiten Triumvirats von Oktavian, Lepidus und Marcus Antonius. Die Herrscher des antiken Rom planten den Grundbesitz der Reichen zu beschlagnahmen, um ihn unter Kriegsveteranen zu verteilen.

Als das Gesetz dann in Kraft trat, machte Vergil Sonderrechte geltend, da sich auf seinem Grund und Boden ein Mausoleum befände.

Dem Antrag wurde stattgegeben!

 

Lochen Sie nicht!

oder

Zur soziologischen Psychologie der Löcher

Kaspar Hauser, Die Weltbühne, 17.03.1931, Nr. 11, S. 389; in: Lerne Lachen

Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist.

Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut. Wäre überall etwas, dann gäbe es kein Loch, aber auch keine Philosophie und erst recht keine Religion, als welche aus dem Loch kommt. Die Maus könnte nicht leben ohne es, der Mensch auch nicht: es ist beider letzte Rettung, wenn sie von der Materie bedrängt werden. Loch ist immer gut.

Wenn der Mensch ›Loch‹ hört, bekommt er Assoziationen: manche denken an Zündloch, manche an Knopfloch und manche an Goebbels.

Das Loch ist der Grundpfeiler dieser Gesellschaftsordnung, und so ist sie auch. Die Arbeiter wohnen in einem finstern, stecken immer eins zurück, und wenn sie aufmucken, zeigt man ihnen, wo der Zimmermann es gelassen hat, sie werden hineingesteckt, und zum Schluß überblicken sie die Reihe dieser Löcher und pfeifen auf dem letzten. In der Ackerstraße ist Geburt Fluch; warum sind diese Kinder auch grade aus diesem gekommen? Ein paar Löcher weiter, und das Assessorexamen wäre ihnen sicher gewesen.

Das Merkwürdigste an einem Loch ist der Rand. Er gehört noch zum Etwas, sieht aber beständig in das Nichts, eine Grenzwache der Materie. Das Nichts hat keine Grenzwache: während den Molekülen am Rande eines Lochs schwindlig wird, weil sie in das Loch sehen, wird den Molekülen des Lochs … festlig? … Dafür gibt es kein Wort. Denn unsre Sprache ist von den Etwas-Leuten gemacht; die Loch-Leute sprechen ihre eigne.

Das Loch ist statisch; Löcher auf Reisen gibt es nicht. Fast nicht.

Löcher, die sich vermählen, werden ein Eines, einer der sonderbarsten Vorgänge unter denen, die sich nicht denken lassen. Trenne die Scheidewand zwischen zwei Löchern: gehört dann der rechte Rand zum linken Loch? oder der linke zum rechten? oder jeder zu sich? oder beide zu beiden? Meine Sorgen möcht ich haben.

Wenn ein Loch zugestopft wird: wo bleibt es dann? Drückt es sich seitwärts in die Materie? oder läuft es zu einem andern Loch, um ihm sein Leid zu klagen – wo bleibt das zugestopfte Loch? Niemand weiß das: unser Wissen hat hier eines.

Wo ein Ding ist, kann kein andres sein. Wo schon ein Loch ist: kann da noch ein andres sein?

Und warum gibt es keine halben Löcher –?

Manche Gegenstände werden durch ein einziges Löchlein entwertet; weil an einer Stelle von ihnen etwas nicht ist, gilt nun das ganze übrige nichts mehr. Beispiele: ein Fahrschein, eine Jungfrau und ein Luftballon.

Das Ding an sich muß noch gesucht werden; das Loch ist schon an sich. Wer mit einem Bein im Loch stäke und mit dem andern bei uns: der allein wäre wahrhaft weise. Doch soll dies noch keinem gelungen sein. Größenwahnsinnige behaupten, das Loch sei etwas Negatives. Das ist nicht richtig: der Mensch ist ein Nicht-Loch, und das Loch ist das Primäre. Lochen Sie nicht; das Loch ist die einzige Vorahnung des Paradieses, die es hienieden gibt. Wenn Sie tot sind, werden Sie erst merken, was leben ist. Verzeihen Sie diesen Abschnitt; ich hatte nur zwischen dem vorigen Stück und dem nächsten ein Loch ausfüllen wollen.

Verfasst von Kurt Tucholsky alias Kaspar Hauser.

 

Weihnachten 2020 – Neujahr 2021

Weihnachtsgedicht international und doch nur für 4 Personen

Sohn:
Einmal war ich ein kleiner Zwerg am Heidesee.
Denken an die Schule tut mir nicht mehr weh.
Musste manchmal in der Ecke steh’n.
Was war da nur geschehn’n?

Alle Vergangenheit liegt nun im Süden,
In Form kleinerer oder größerer Etüden.
Manchmal fehlte mir der Berater.
Was sagst eigentlich du dazu, Vater?

Vater:
Oh Tannenbaum, du glaubst es kaum,
fast hätte ich dich auch verhau‘n.
Ach, lieber, guter Weihnachtsmann
Schau mich nicht so böse an, ich hab’s ja nicht getan.

Frau:
Als nacktes Weib am Heidesee
Fühlt‘ ich mich wohler als im Winter mit Schnee.
Tagsüber Arbeit, die Kinder danach und nachts der Mann.
Tat ich doch alles, was man als Frau nur tun kann.

Die Vergangenheit lebt weiter in Geschichten,
Die ich den Besuchern erzähle ohne zu dichten.
Manches ist dabei, was man vergessen kann.
Was sagst eigentlich du dazu, mein Mann?

Mann:
Oh Tannenbaum, du glaubst es kaum,
dich hätte ich manchmal auch gern verhau‘n.
Doch, lieber, guter Weihnachtsmann
Schau mich nicht so böse an, ich hab’s ja nicht getan.

Schwiegertochter:
Spielte mit Karen einst im Sand an der See.
Doch bald waren es Cello und Geige juchhe.
All mein Lernen begleitete die Musik.
Sie ist mir Muse und Motor mit tausend Kubik.

Die Vergangenheit liegt um mich herum.
Ich kann sie sehen, aber sie ist auch nicht stumm.
Es klingt in adagio, allegro und auch mal andant(e).
Was sagst eigentlich du dazu klog gammel mand*)?

Gammel mand:
Oh Tannenbaum, du glaubst es kaum,
dich wollte ich noch nie verhau‘n.
Warum lieber, guter Weihnachtsmann,
Schaust du mich trotzdem böse an? Ich hab es nicht getan.

Sohn:
Weggeblasen hab ich manche Sorgen.
Dachte dabei noch nicht an das Morgen.
Obwohl ich schon spürte den Hauch der Musik.
Auch bei meinem Dienst für die Republik.

Die Gegenwart liegt auf Inseln in der See,
Suchen, finden, verwerfen, wo ist die nächste Idee?
Habe jetzt einen anderen Berater.
Und doch, was sagst du dazu, Vater?

Vater:
Oh Tannenbaum, du grüner Baum.
Diesen Menschen kannst du vertrau‘n.
Der Weihnachtsmann aber ist noch bös.
Schwingt seine Rute weiter nervös.

Frau:
Nur noch geistige Schönheit, aber auch die manchmal nackt.
So geht`s auch meinem Partner und das ist der Pakt.
An der Wirklichkeit ist nicht zu rütteln.
Da kann man mit noch so vielen Worten dran schütteln.

Ein kleines Dorf umgibt die Gegenwart.
Idyllisch, ruhig, gar nicht Standard.
Manches ist dabei, was man vergessen kann.
Was sagst eigentlich du dazu, mein Mann?

Mann:
Oh Tannenbaum du grüner Baum.
Ganz so ähnlich war auch mein Traum.
Der Weihnachtsmann schaut immer noch bös.
Schwingt seine Rute weiter nervös.

Schwiegertochter:
Gezogen und geschoben, manchmal zupf ich die Seiten.
Mein Cello muss mich überallhin begleiten.
Die Welt scheint mir beim Musizieren fast klein.
Sie wird schier unendlich denk ich an den Liebsten mein.

Die Gegenwart spiegelt sich in der See.
Ein kleines Schiff, es dreht nach Luv und nach Lee.
Manchmal stringendo, ad libitum oder auch rallentand(o).
Was sagst eigentlich du dazu klog gammel mand?

Gammel mand:
Oh Tannenbaum du grüner Baum.
Eine so schöne Tochter, es ist wie ein Traum.
Warum Weihnachtsmann bist du noch bös?
Schwingst deine Rute weiter nervös?

Sohn:
Ich komponiere, programmiere und studiere.
Manchmal streck ich auch von mir alle Viere.
Oder ich greife mir Rasenmäher, Boot oder Trecker.
Nach vollbrachtem Werk schmeckt das Essen so lecker.

Die Zukunft sind Sterne am Himmelszelt.
Jeder seine eigene Botschaft enthält.
Wie diese aussieht weiß auch kein Berater.
Oder doch? Was sagst du dazu, Vater?

Vater:
Oh Tannenbaum, man glaubt es kaum.
Die Theorie bildet die Wurzeln, fest steht dann der Baum.
Weihnachtsmann deine Rute fürchtet er nicht.
Fuchtle du nur, er wahrt trotzdem sein Gesicht.

Frau:
Ich seh in den Spiegel, zum Glück ist er klein.
Er zeigt nur den Kopf, sieht nicht in mich hinein.
Was grau vor Alter ist, das ist ihm göttlich?
Hier irrst du dich Schiller, das klingt eher spöttlich.

Die Zukunft ist zeitlos, ich fühl mich befreit.
Die Kinder der Kinder und deren Kinder gestalten die Zeit.
Bald gehören wir zu dem, was man vergessen kann.
Oder, was sagst du dazu, mein Mann?

Mann:
Oh Tannenbaum, man glaubt es kaum.
Grau ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum.
Weihnachtsmann steck deine Rute ein.
Wir wollen und werden fröhlich sein.

Schwiegertochter:
Mein Cello singt mit den anderen im Chor.
Eigentlich hatte ich doch auch noch etwas anderes vor?
Was war das doch gleich, ich frage den Wind.
Der zaust meine Haare und flüstert ein … ind.

Am Horizont hinter dem Meer leuchtet der Zukunft Schein.
Davor das Land, ein Haus – frohe Geräusche rahmen es ein.
Sie klingen giocoso, sostenuto oder auch scherzand(o).
Was sagst du nun klog gammel mand?

Gammel mand:
Oh Tannenbaum, man glaubt es kaum.
Nur mit Theorie gibt es keinen nächsten Baum.
Weihnachtsmann hier brauchst du deine Rute nicht.
Du bekommst doch auch Reisbrei oder isst du den nicht?

*) kluger, alter Mann

Trotz aller Einschränkungen:

Frohe Weihnachten für jeden Menschen und ein besseres, gesundes und erfolgreiches Jahr 2021

– 3 – Ede Ceh Fortsetzung

Teil 3 Spaltung

Erläuterungen:

zur Chemie und Technologie der nächsten Verfahrensstufe der Spaltung. Die Reaktion der Aufspaltung des EDC in VC (V) und HCl erfolgt in einem Röhrenofen in der Gasphase bei circa 25 bar und 500 °C. Die Reaktionsgleichung lautet:

C2H4Cl2 (C)    —->    C2H4Cl (V)   +   HCl

Bei diesem Prozess muss Wärme zugeführt werden. Da sich das C außerdem nur zu 50 % umsetzt, ist eine aus drei Kolonnen bestehende Destillation erforderlich, die das Dreikomponentengemisch in C, V und HCl trennt.

Story:

„Keine Ah …“, weiter kam Ede Blue nicht, denn er geriet zusammen mit Ede Green und Orange in einen starken Sog und plötzlich platzte ihm bald der Schädel.

„Wow, so zusammengepresst wurde ich ja noch nie. Das kann ja heiter werden.“ Doch auch Ede Blue war ein zäher Bursche und durch die Destillationen abgehärtet, sodass er den Schock schnell überwand. Aber es ging erst richtig los, zum Druck kam nun auch noch Wärme, viel Wärme dazu. Erst in zwei Stufen dezent, doch dann bekam Ede Ceh im wahrsten Sinne des Wortes Feuer unterm Arsch und schwups wurde er wieder einmal gasförmig. Doch damit nicht genug, die Wärme wurde immer größer und größer. Ede Blue riss sich zusammen, um nicht aufgespalten zu werden, was offensichtlich jeder zweite seiner Kumpel, auch Greene und Orange freiwillig taten. ‚Freiwillig?’, dachte Ede Blue, ‚auf gar keinen Fall!’ und er strengte sich gewaltig an, seine Einzelteile zusammenzuhalten. Allerdings konnte er beobachten, wie aus einem gespaltenen Ede Ceh je ein Ha Ce-el und ein Vau Ceh entstand. Ede Blue aber schaffte es durch das verhältnismäßig dünne, zum Ende hin immer heißer werdende Rohr, ungeschoren hindurch zukommen, um dann plötzlich so brutal abgekühlt zu werden, dass er sich sofort wieder verflüssigte. Ehe Ede sich besinnen konnte, traf ihn erneut das Schaufelrad einer Pumpe, er landete in einer Destillationskolonne und bewegte sich sofort nach unten. ‚Verdammt’, dachte er, ‚hier sind ja nur noch Cehs von der anderen Sorte’, aber die Ha Ce-els waren beinahe alle verschwunden. Es gab keine Zeit zur Besinnung, sofort ging es weiter in die nächste Kolonne, in der es zur Abwechselung mal wieer aufwärts ging, doch auch hier dauerte der Aufenthalt nicht lange und Ede Blue landete in der dicken Berta. Als ihn da seine Artgenossen der Sorte Green und Blue aufmerksam mit fragendem Lächeln musterten, wusste er, dass er wohl seine Farbe gewechselt haben musste und nun Orange geworden war. Den Weg durch die dicke Berta kannte er ja schon, aber das gefiel ihm gar nicht mehr, noch einmal sollte ihm das nicht passieren. ‚Jetzt weiß ich auch, warum die anderen sich haben spalten lassen, verdammt. Und warum der Ede Orange so gnatzig war. Ob ich den alten Ede Green im Feedtank wiedertreffe?’ Diese Frage würde er in kurzer Zeit beantworten können, denn schon war er am Kopf der Kolonne als Gas angekommen, wurde gleich danach wieder Flüssigkeit und getrieben vom Kreiselrad der Rückflusspumpen landete Ede Blue – inzwischen Orange – im Feedtank. Sofort umgab ihn angenehme Ruhe. Ede Orange – alias Blue – streckte und entspannte sich. Er hielt Ausschau nach Ede Green, dem sollte nicht dasselbe wie ihm passieren. ‚Eigentlich könnte das doch alle interessieren’, dachte Ede Orange, ‚sowohl Green als auch Blue.’ Also fuhr er laut fort, „hört mal zu Freunde in grün und blau. Wenn ihr von hier weg und nicht wieder zurückkommen wollt, dann zögert nicht euch auf eurem bevorstehenden Weg, spalten zu lassen. Da könnt ihr wählen zwischen Ha Ce-el und Vau Ceh. Wer sich wehrt, landet wieder hier als Ede Orange. So, nun wisst ihr Bescheid. Ich mache mich wieder vom Acker. Ich werde jetzt Vau Ceh – und tschüss.“ Sprach’s und ward nie mehr als Ede Ceh gesehen, denn in dem schmalen, glühend heißen Rohr wurde er tatsächlich Vau Ceh. Das fühlte sich auch nicht schlecht an, obwohl er eine innere Spannung spürte, die ihn ständig animierte, sich für irgendeine Veränderung bereitzuhalten. Es war dem Mann als Rest Ede im Vau Ceh so, als ob die Frau Ethy wieder stärker in ihm zum Zuge kam. Das war natürlich Scheiße, denn als Ede konnte er den Weibern aus dem Weg gehen, jetzt im Vau Ceh schleppte er sie immer mit sich herum. Na ja, es hatte auch seine guten Seiten. Er brauchte sich nun nicht mehr selbst befriedigen. Als Gas überstand Vau Ceh auch den Kälteschock in der Quenche und verließ diese immer noch als Gas. Auch den ersten Wasserwärmetauscher passierte Vau Ceh ungeschoren, obwohl ihm als Gas schon ganz schön kühl geworden war. Doch dann wurde es so eisig, dass auch Vau Ceh flüssig wurde und in einem Behälter landete. Die meisten von den mit ihm in diesem Topf angekommenen Ha Ce-els verabschiedeten sich gleich wieder aus der Flüssigkeit und verließen als Gas nach oben hin den Behälter in Richtung HCl-Kolonne, während Vau Ceh über eine andere Rohrleitung auch dort, aber ein paar Böden tiefer, landete. Hier zog es ihn auch gleich weiter abwärts, wo er nach kurzer Zeit seine alten Kumpel, inzwischen alle schon zu Ede Orange mutiert, wiedertraf. Natürlich erkannten sie ihn nicht mehr, aber Vau Cehs weiblicher Tatsch zog ihre Blicke an. Manche Edes versuchten ihn zu begrabbeln, aber die Turbulenz auf den Böden ließ Gott sei Dank ein längeres Verweilen nicht zu. Im Handumdrehen waren Ede Ceh und Vau Ceh im Sumpf angekommen, strömten sofort in die nächste Kolonne und hier trennten sich ihre Wege, sodass Vau wieder seine Ruhe hatte, obwohl auch noch einige Ha Ce-el hier mit herumgondelten. Allerdings interessierten die sich kaum für Vau Ceh. Die waren wohl mehr auf Aggression aus, denn Vau sah, wie die Ce-els immer wieder versuchten, sich in das Material der Böden oder gar der Wandung der Kolonne hineinzufressen. Meistens gelang ihnen das nicht, sie blitzten einfach von dem Metall ab. Aber einmal beobachtete Vau, wie ein Ha Ce-el zusammen mit Hazwei Oxygen und Zwei Oxygen, wo auch immer die hergekommen waren, eine Kerbe in die Wandung eines Bodens fraß. Dabei bildete sich Eisenzweichlorid und etwas tiefer in der Kolonne bei höherer Temperatur Eisenoxid. ‚Typisch Ha Ce-el’, dachte Vau, der von diesem aggressiven Verhalten schon vorher gehört hatte. Er wunderte sich also nicht, als er nach dem langen Weg durch die große Kolonne noch in eine andere, einen sogenannten Stripper, befördert wurde. Hier musste Vau wieder aufpassen, dass er nicht mit nach oben gerissen und dadurch wieder in die HCl-Kolonne zurücktransportiert wurde. Einmal passierte ihm das, doch beim zweiten Mal war er aufmerksamer und gelangte gleich in den Sumpf des Strippers, in dem er keine Ha Ce-els mehr erkennen konnte. Ohne lange zu verweilen, ging es weiter durch eine, wie es Vau schien, sehr lange Leitung und plötzlich kam er in einen riesigen Raum. Erst später merkte er, dass die Wände hier kugelförmig gebogen waren und noch etwas fiel ihm auf: Einige seiner Artgenossen, wenn auch sehr, sehr wenige, drängten sich ständig aneinander. Vau spürte, dass dieser Drang auch in ihm, allerdings minimal, vorhanden war. ‚Donnerwetter’, dachte Vau, ‚jetzt kleben die zwei ja total zusammen.’ Und er beobachtete auch, wie noch ein anderer Vau dazu kam und noch einer, bis sie alle zusammen eine kleine Kette gebildet hatten. Das Gebilde sah jetzt aus, wie glasklares Gelee und sank langsam nach unten auf den Boden. Als Vau viel später wieder einmal am Boden vorbeikam, fiel ihm der weiße Staub auf. Doch da wusste er noch nicht, dass das Poly Vau Ceh (PVC – PLAST) darstellte und seine Zukunft sein würde, allerdings erst im großen Reaktor in der nächsten Fabrik.